Meine Arbeiten seit 1982

Einleitung

Ich möchte hier einen kurzen Abriß über meine Arbeiten der letzten Jahre geben. Dabei gehe weitgehend chronologisch vor. Ich finde, daß jede Arbeit aber auch singulär und und unzeitlich gesehen werden kann. Ich habe immer versucht, meine Arbeit aufbauend stringent zu organisieren. Es ist eine folgerichtige notwendige Entwicklung , gleich einer Wanderung, bei der man unaufhörlich fortschreiten muß. Wenn ich ähnlichen Situationen und Themen begegne, ist der Zugang doch immer ein anderer. Es muß klar sein, daß es zentrale Bereiche in der künstlerischen Arbeit gibt, über die ich nicht sprechen kann. Der Zauber und die Magie einer Arbeit können durch eine Kommentierung zerstört werden. Herauszufinden, worüber geredet werden kann und worüber nicht, sehe ich auch als eine Aufgabe der Lehrtätigkeit. Die allgemeinen Grundthemen der Bildhauerei, Innenleben und Außenhaut, das Verhältnis von Farbe und Plastizität, die plastische Haut als Abbild, der Transport von Leben durch die Nachahmung, die Unmöglichkeit der Verlebendigung, das Ordnen von Dingen im Raum interessieren mich bis heute. Ich erlebe Perioden der Formbildung und deren Auflösung. Um davon eine Vorstellung zu geben, zeige ich eine Reihe von Reproduktionen meiner Arbeiten mittels Dias und am Ende einige kurze Computeranimationen. Diese sind Originale, denn sie liegen nur in dieser Form vor.

wasserfall1_2006 wasserfall2_2006 regal_1982.jpg regal2_1982.jpg

Figur im Umraum

Beginnen möchte ich mit der neuesten Arbeit, einem Bild von einem Wasserfall ( Okt 2006). Diese dreidimensionale Computeranimation stelle ich einer Arbeit aus meiner Studienzeit gegenüber. Sie ist vor über zwanzig Jahren entstanden und für mich ein Initial für die weitere Entwicklung. Damit ist direkt die Spannbreite deutlich. Die Hörner in ihrer assoziativen Gestalt habe ich weiter untersucht. Zu dieser Zeit hat mich vor allem der Dialog von Körpern und Umraum, damals Architektur genannt, beschäftigt. Auch in den folgenden Arbeiten aus Eisenguß zeigt sich der Versuch der Einbettung einer Figur in einem embryonalen Zustand in einen geometrischen Kosmos. Die Materialisierung ist langwierig mit Holzmodellen, wie sie im industriellem Maschinenguß nötig sind.

guss1_1985 guss1_1985

Auflösung / Verflüssigung

In den Ton und Gipsarbeiten der folgenden Zeit findet eine Auflösung jeglicher Beschränkungen statt. Das geometrische Gerüst wird plastisch verflüssigt, gerät genauso in Bewegung wie der figurale Kern. Die Figur zeigt sich in einem Prozeß der Entstehung, des Abstiegs, der Atmung, des Herzschlags. Eine geometrische Unruhe entsteht, die nur durch das Gestische gefaßt werden kann, durch die Hand als einziges Instrument. Es entstehen fragmentarische Hinterlassenschaften, fragil und vergänglich. Plötzlich ist aus der ganzen Arbeit ein Scheiterhaufen geworden. In der letzten Gipsarbeit erzwingt ein Formwollen eine Endgültigkeit mittels Abguß, der den ganzen Prozeß zum Stillstand bringt und dadurch abbildet. Es war für mich ein Kraftakt, diesen Prozeß zu beenden.

ton_1986 ton2_1986 grosser_gips_1987 grosser_gips2_1987

Arkadien

Als nächstes habe ich ein direktes Vorbild gesucht und habe es in den Kühen auf der Wiese gefunden, die ich beobachtet habe. Ich habe sie in Ton modelliert. Daraus entstehen plastisch dünnwandige Abgüsse aus Gips, fast lebensgroß. Sie sind von Grund auf synthethisch. Vorgestelltes verbindet sich mit Beobachtetem und Idealisiertem. Ich versuche die Feinheit einer minimalen Bewegung zwischen Gehen und Stille darzustellen. Das Atelierfoto von 1992 zeigt mir heute aus der zeitlichen Distanz deutlich, daß ich damals von der Vorstellung nach einem Arkadien, einem Paradies ausgegangen bin mit Figuren, Kugeln, Tieren, Büsten - ein Arkadien im Atelier. Soweit geht der Wunsch nach Komplettierung, daß ich diese Frauenfigur gemacht habe, die wie in einer verschleierten Hülle erscheint.

Kühe_1992 Kuh_1992 frau_1992

Inneres / Substanz

Wieder gibt es bei mir eine Unzufriedenheit mit der Klarheit und Reinheit, die sich in den Gipsformen gezeigt hat und in der damit verbundenen organisierten Technik. Ich wollte eine Stellung beziehen zu dem Dali Zitat: " Das mindeste, was man von einer Plastik erwarten kann, ist, daß sie sich nicht bewegt." Dagegen steht die Welt des Panoptikums, der Automaten mit der ganzen Unheimlichkeit und des Grotesken, für die ich mich jetzt interessiere. Die Skulpturen haben reale Haare, Gelenke, Kleider, sie bestehen aus aufgeladenen Materialkombinationen, sind gestückelt, sie können sich an Stäben stützen, die Farbsubstanz wird selber zur Haut. Dabei arbeite ich mit den einfachsten und offensten Materialen wie Papier, Holz, Pappmachee, farbiges Wachs, Schnüren. Die Oberfäche wird jetzt aufgelöst, das Innere sichtbar als das eigentlich formbildende Element. Die große Papierfigur kann selbständig stehen. Sie pendelt sich selbst auf ihren Füßen ein. Wie von selbst stellen sich andere Ausdrucksformen ein, des Geschlechtlichen, des Grausamen, des Monströsen, vor allem dadurch, dass die schützende Haut als selbstverständliches durchgehendes plastisches Medium wegfällt. ( plastisch filmische Arbeit mit Köpfen aus Papier und Lippen aus Leder, die sich küssen, video ).
In dieser Zeit beginnt meine Beschäftigung mit der Computeranimation.

Figpapier Regal_neu_1995 küsse_1996

Das direkte Gegenüber

Ich benutze dann diese neuen Erkenntnisse für das Arbeiten direkt nach einem menschlichen Modell. Wichtig ist das spontane Arbeiten aus der Situation des direkten Gegenübers. Etwas von dem Lebendigen der Person zieht so in die Plastik ein. Der Preis ist das Fragmentarische und der Abbruch. Ich kann nicht an der gleichen Stelle weiterarbeiten, weil sich die Stimmung, der Ausdruck des Modells oder die Lage verändert hat. In einigen Skulpturen ist die farbliche und plastische Gestaltung unmittelbar gleichzeitig wie in der Wirklichkeit miteinander verknüpft. Ich verwende dabei farbige plastische Massen. Die letzten Holzfiguren auf den Ausstellungsfotos sind fast lebensgroß. Sie haben minimal bewegliche Glieder, die mit inselhaften Sockeln verschmolzen sind.

Biggi1_1999 Biggi2_1999 Vorschaubild show_aachen_02

Computerfilm / Gedicht

Seit über 10 Jahren beschäftige ich mich mit dreidimensionaler Computeranimation. Zuerst parallell zu meiner bildhauerischen Arbeit, heute zunehmend ausschließlich. Es entstehen Filme und Einzelbilder, die ich in den letzten Jahren auch in Kombinationen gezeigt habe. ( Beispiele) Es gibt eine thematische Bereicherung, die alles erfasst, was sich konstruktiv formulieren läßt und einem Prozess unterworfen ist (z.B. Alterung, z.B. ein verwesender Kohlkopf ) . Das liegt an dem Medium, das alles gleichbehandelt. Es gibt nur die Facette, die geometrisierte prismatische Fläche. Mich interessiert dann auch die Choreographie, die diese virtuellen Skulpturen im Ablauf von Zeit darstellt ( z.B. den Krähenflug als bewegtes räumliches Ornament). Wichtig ist, daß die gesehenen Figuren nur im Moment des Gesehenwerdens präsent und animiert sind. Sie sind sonst nicht existent. In ihrem Zeitrahmen erscheinen sie wie Gedichte, die etwas auslösen, anstoßen und danach verschwinden. ( Ausstellungsfotos) In den Einzelbildern der letzten drei Jahre ( z.B. Knochenstätte 2003) wird vor allem die Hülle thematisiert, die zu einer äußersten immateriellen Oberfläche wird. Dabei ist es für mich faszinierend, das diese völlig indifferent ist. Sie ist weder Malerei noch Foto noch Skulptur. ( Irritation) Sie setzt sich aus einem materiellem Nichts zusammen. Dabei entdecke ich meine Tätigkeit als das Klären von Grundbedingungen, die dann einem Automatismus ( Programm, naturwissenschaftliche Modelle) ausgeliefert werden. Das Bild ist nachher eine Überraschung und wie bei einem Abguss in seiner Ausformung nicht von mir gemacht. Es besitzt keine Handschrift. Bei dem letzten Bild, dem Wasserfall, ist die letzte gestalterische Maßnahme das Setzen von Licht. In diesen neuen Arbeiten bündelt sich alles, die Modellarbeit, das Automatische bzw. das Technische, die geometrischen Ordnungen. Die Landschaftsszenen fangen mich ein. ( auf Spaziergängen ) Ich muß sie in vielen Studien in mich aufnehmen. Es entsteht dann ein langwieriger Übertragungsprozess auf das Systemwerk des Rechners, der etwas entstehen läßt, was das Figurelement ins Chemische überführt.

Vorschaubild Vorschaubild Vorschaubild

( einige Beispiele der Filme) >